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Rainis Blickwinkel

Fulminanter Start ins Halbfinale - Pinguins verpassen Dosen eine Beulenpracht
02.04.2024 - 00:06 von Rainer


Es war zwar der 1. April, der als Startschuss der diesjährigen Halbfinals der Penny DEL vorgesehen war. Einen Aprilscherz erlebten die 4.647 Besucher in der ausverkauften Bremerhavener Eisarena aber nicht. Die Fischtown Pinguins lieferten über 60 Minuten eine fast tadellose Vorstellung ab und demontierten den amtierenden Meister Red Bull München mit 3:0 (1:0; 2:0; 0:0). Nicolas Appendino sprang wieder in den Kader, während Anders Grönlund weiter verletzt ausfiel und die überzähligen Felix Scheel, Blaz Gregorc und Jake Virtanen die Partie von der Tribüne aus verfolgten. Justin Büsing sorgte im Spielbericht für vier komplette Sturmreihen.

Die Münchner hatten es mit der Kühlbox eilig, denn schon nach vier Sekunden verschwand Trevor Parkes dort wegen eines Stockschlags. Miha Verlic hätte in der folgenden Überzahl einlochen können, doch frei zum Abschluss kommend machte ihm Mathias Niederberger einen Strich durch die Rechnung (1.). Das Spiel mit einem Akteur weniger auf dem Eis schien auch Jonathan Blum zu gefallen, der sich kurz darauf für zwei Minuten wegen Beinstellens verabschiedete. Jan Urbas verkürzte die Abwesenheit des Sünders allerdings auf die Hälfte, weil er das Zuspiel von Nicholas Jensen mit einem Hammer zum 1:0 in der rechten Ecke des Dosenbunkers versenkte (6.). Ross Mauermann hingegen konnte dem Münchner Keeper mit einem Versuch aus der Halbdistanz nichts anhaben (7.) und Markus Vikingstad brachte die Scheibe nicht kontrolliert zum Abschluss (8.). Die „Blechbüchsen“ suchten weiter irritiert nach Einfluss auf das Spielgeschehen, doch die Bremerhavener nutzten immer wieder die Orientierungslosigkeit der Gäste aus. Als dann Markus Vikingstad aus dem eigenen Drittel startete und sich wie eine Raupe an drei Münchnern vorbeischob und auf Colt Conrad ablegte, hatten die Anhänger der Pinguins den Torschrei auf den Lippen. Leider verzog der „rauchende Colt“ und verpasste diese pikante Möglichkeit zum Ausbau der Führung (10.). Fast im Gegenzug bekam Markus Eisenschmid die Chance zu Ausgleich, doch Kristers Gudlevskis wusste den Wunsch zu verhindern (11.). Schon war es auf der anderen Seite Skyler McKenzie, der einen Schuss von Dominik „Lunge“ Uher nur knapp am Münchner Kasten vorbeilenkte (12.). Dass man nicht für alles und jeden die Beine öffnen sollte, erwies sich für Kristers Gudlevskis als goldrichtig. Denn Nico Krämmer wollte ihm das Spielgerät genau dort hindurch schieben, als er allein auf den lettischen Goalie zulief (14.). Etwas zu hoch zielte Ziga Jeglic, nachdem er über die linke Seite einfuhr und mit einem Backhander zum Erfolg kommen wollte (18.). Lukas Kälble und Phillip Bruggisser deckten Mathias Niederberger mit weiteren Salven ein, doch sie, wie auch Markus Vikingstad konnten den Schlussmann vor der ersten Drittelpause nicht mehr bezwingen (20.).

Der Norweger im Frack war zu Beginn des Mittelabschnitts besonders zielstrebig. Zunächst klaute er Yasin Ehliz mit bissigem Pressing die Scheibe, um dann im Zentrum lauernd einen Pass von Nicholas Jensen – der Schlittschuh von Ross Mauermann sorgte noch für den Feinschliff – zum 2:0 in die Maschen zu jagen (22.). Zwar folgte eine kleinere Druckphase der Gäste, doch gemeinsam räumten die Pinguins vor und am eigenen Kasten auf, was dort auch nur den Ansatz von Gefahr bedeutete (25.). Ein Konter wie aus dem Lehrbuch sorgte anschließend für das nächste Leck bei den „Dosen“. Phillip Bruggisser hatte eingeleitet und Alex Friesen die Scheibe im gegnerischen Drittel behauptet, bevor Skyler McKenzie hinters Tor zog und Dominik Uher bediente. Der konnte sich die Ecke aussuchen und parkte zum 3:0 ein (28.). Der Meister quälte sich nun mit zahlreichen Leckagen an seinem Weißblechpanzer herum und wirkte ziemlich ratlos. Auch wenn Yasin Ehliz etwas Pech hatte, dass sein Schuss abgefälscht am Bremerhavener Gehäuse vorbeistrich (29.). Die Pinguins berannten weiter das Tor der Red Bulls und Vladimir Eminger musste eigentlich den nächsten Treffer erzielen, aber Mathias Niederberger bewahrte sein Team vor Schlimmeren (31.). Chaotische Zustände spielten sich eine Minute später in der Münchner Abwehr ab, doch auch Ross Mauermann wusste diese Gelegenheit nicht zu nutzen (32.). Der vor Resignation triefende Schuss von Les Lanchester konnte Kristers Gudlevskis nicht wirklich einschüchtern (34.). Ein Blueliner von Gregory Kreutzer versetzte die Abwehr der Gäste erneut in Aufruhr, aber Ziga Jeglic konnte dem Puck nicht mehr entscheidend verwerten (37.). Die insgesamt sehr gut leitenden Referees Andris Ansons und Gordon Schukies fehlte wenige Sekunden vor Drittelende allerdings der Durchblick. Dass Nicholas Jensen von Konrad Abeltshauser auf den Bremerhavener Schlussmann gestoßen wurde, entging Gordon Schukies vollends. Nicht aber die Revanche in Form eines Stock-Checks des Dänen. Der wurde mit zwei Strafminuten geahndet, welche die Münchner zu Beginn des letzten Durchgangs abspielen durften (40.).

Die Münchner wirkten trotz dieser vermeintlich letzten Gelegenheit, dem Spiel noch eine Wende zu geben, erschreckend pomadig und ließen das ansonsten so eindrucksvoll zelebrierte Powerplay vermissen. So überstanden die Pinguins diese Phase ohne größere Anstrengung (42.). Dafür hätte Miha Verlic den Deckel auf die Dose packen können, als er völlig frei zentral auf Mathias Niederberger drosch (43.). Gleiches galt für Nicolas Appendino, der zu hoch ansetzte und den Kasten verfehlte (45.). Nach einem Missverständnis im Bremerhavener Spielaufbau wurde es kurz kritisch, doch die Hereingabe von Filip Varejcka erreichte keinen Mitspieler. Maxi Daubner scheiterte kurz darauf am Pfosten (50.). Warum Andris Ansons den Treffer an die Maske von Kristers Gudlevskis nicht registrierte, der wahrscheinlich bis nach München zu vernehmen war, bleibt sein Geheimnis. Gott sei Dank konnte der Lette nach kurzem Schütteln und Richten seines Kopfschutzes weitermachen. Im Anschluss stellte er gleich bei zwei Münchner Aktionen seine Unversehrtheit unter Beweis (51.). Was mag sich Nicolas Appendino geärgert haben, als er einen Querpass von Nicholas Jensen über die leere Kiste feuerte (54.). Bereits 3:30 Minuten vor dem Ende beorderte Münchens Coach Toni Söderholm seinen Keeper vom Eis und brachte einen zusätzlichen Feldspieler, um das Unmögliche doch noch möglich zu machen. Außer einen Schlagschuss von Markus Eisenschmid, den Kristers Gudlevskis wie eine lästige Stubenfliege aus der Luft pflückte, ließen die Bremerhavener aber nichts mehr anbrennen (59.). Vladimir Eminger und Skyler McKenzie „verweigerten“ sich sogar eines „Emptynetters“ und verfehlten das leere Gehäuse mit ihren Versuchen.

Die Serie steht nun 1:0 für die Fischtown Pinguins und auch die letzten Zeitgenossen müssen eingestehen, dass dieses Team in dieser Spielzeit zu allem fähig ist. Diese Truppe ist asozial genial und Red Bull München – sollten sie die Serie doch gewinnen – ziemlich geschunden ins Finale einziehen. So wie es aktuell aussieht, könnten das aber zum ersten Mal auch die Küstenlümmel von der Waterkant sein.
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